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Ein Wohnheim als Postkarte – Sozialverein B37

Ein Wohnheim als Postkarte – Sozialverein B37

PROJEKT VON Daniel Derflinger, Sarah Mühlbacher, Julien Reinhart and Anne Rotter

Im Rahmen der zweiten Expedition haben wir das Psychosoziale Wohnheim des Vereins B37 in der Bethlehemstraße in Linz besucht. Dort leben psychisch und physisch beeinträchtigte Menschen, die sonst wohnungslos wären, in betreuten Wohngemeinschaften zusammen.

Ein Wohnheim ist unweigerlich ein Ort mit beschränktem Zugang: Daher interessierte uns besonders, wie Grenzen hier nach innen und außen wirken. Warum sind Grenzziehungen an diesem Ort (un)nötig? Was bedeuten Zugangsbeschränkungen konkret für ein Wohnheim? Welche Veränderungen bewirkt die Corona-Situation im Leben der Bewohner*innen? Findet eine Verschiebung der Grenzen statt? Können wir überhaupt Einlass bekommen und ein „ansteckendes“ Objekt hinterlassen?

 

Strukturen und Grenzziehungsmechanismen – Beobachtungen

Vor Ort haben wir zu den strukturellen Gegebenheiten recherchiert, dafür haben wir in der Frühe mit Mitarbeitern gesprochen und am Nachmittag den Leiter des Wohnheims interviewt. Wir stellten fest: Die Bewohner*innen sind in ihrem Tun frei. Sie sind in ihren Bewegungen nicht eingeschränkt und können das Haus jederzeit betreten und verlassen. Strukturen geben die Hausregeln, wie beispielsweise nächtliche Kontrollen, Ruhe- oder Besuchszeiten (Besucher*innen dürfen sich nur auf Voranmeldung in den Gemeinschaftsbereichen mit den Bewohner*innen treffen). Grenzziehungen dienen in einem Wohnheim vor allem für den (Selbst)Schutz: so gelten die Zugangsbeschränkungen für Außenstehende, damit die Bewohner*innen Ruhe und Sicherheit finden können.

Diese Grenzen wurden in dem Wohnheim durch die Corona-Pandemie verschoben: auf Grund der Hygiene-Bestimmungen sind Besuche nicht mehr möglich. Die größte Veränderung betrifft jedoch die Gemeinschaftsräume, welche geschlossen werden mussten. Dabei sind gerade gemeinsame Aktivitäten für Menschen mit psychischer und physischer Beeinträchtigung in einem Wohnheim besonders wichtig.

 

Offenheit – Schlussfolgerung

Wir waren überrascht von der (nicht allein räumlichen) Offenheit und der Freude über unser Interesse für die Einrichtung von Seiten der Betreuer*innen und der Heimbewohner*innen. Wir kamen zu dem Schluss, dass die größten Grenzen nicht die baulichen Schwellen oder die „Hausregeln“ sind. Es sind die gesellschaftlichen Grenzziehungsmechanismen, die Menschen mit psychischen und physischen Erkrankungen räumlich isolieren.

Postkarte – Intervention

Diese Ergebnisse dienten als Grundlage für unsere Idee eines „ansteckenden“ Objektes. Dieses sollte die vielfältigen Strukturen des Wohnheims in sich vereinen, den nötigen (Sicherheits-)Abstand gewährleisten und für die Bewohner*innen eine Interaktionsmöglichkeit bieten, die ihren Freizeitbeschäftigungen entspricht.

Wir entschieden uns schließlich für eine Postkarte, die das Wohnheim im Scherenschnitt zeigt und von den Bewohner*innen ausgemalt und weiter gestaltet werden konnte. Mit Hilfe des Linoldruckverfahrens wurde die Postkarte vervielfältigt: so hatte jede*r die Möglichkeit, das eigene Zimmerfenster auf der Karte zu markieren und, wer mochte, konnte seine*ihre individualisierte Postkarte auch verschicken – weiter wandern lassen.

Tagesablauf

  • 08:40 Erstes Eintreffen vor Ort und erste Beobachtungen
  • 08:50 Gespräch mit Anna (Mitarbeiterin)
  • 09:40 Anruf bei der Heimleitung: Termin für Telefonat um ca. 11.40 Uhr vereinbart.
  • 09:50 Überlegung von Fragen für das Gespräch
  • 10:08 Festlegen der Fragen und Überlegungen zu dem wandernden Objekt
  • 11:30 Besprechung mit Jasmin Mersmann
  • 11:48 Telefonat mit dem Heimleiter Thomas Wögrath
  • 12:14 Mittagessen: Gemüse-Dal mit Reis
  • 13:08 Entscheidung: Wahl des wandernden Objektes (Postkarte)
  • 13:17 Vorbereitung der Postkarte und der Präsentation
  • 15:00 Treffen mit Thomas Wögrath vor Ort
  • 16:12 Zusammenfassung und Strukturierung der Erkenntnisse
  • 17:23 Fertigung der Postkarten im Linol-Druck
  • 18:23 Vorbereitung der Präsentation für den nächsten Tag
  • 19:47 Übergabe der Postkarten im Wohnheim