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Southeast 225° – Zeitraffer

Zeitraffer

PROJEKT VON Daniel Derflinger

Erst mit der Geschwindigkeit des Wandernden zeigt sich, mit welcher Schnelligkeit sich die vorbeiziehende Landschaft verändert und welche Grenzübergänge vorhanden sind: Eindrücke werden weniger, dafür umso intensiver. Mit zunehmender Entfernung von den Hauptverkehrswegen werden zufällige Begegnungen mit anderen Menschen zu eindringlichen Momenten von Intimität.

Festgehalten wurde die Expedition per Zeitraffer.

Anfangs war meine Schrittgeschwindigkeit noch zügig, angetrieben vom starken morgendlichen Frühverkehr der Pendler*innen aus den Vororten. Nach dem Verlassen der Hauptverkehrsadern verlangsamte sich mein Tempo stetig.

Ich war überrascht, wie schnell und unscheinbar sich die Barriere ankündigte: War die gebaute Umgebung noch mit Wohnbauten gefasst, zerbröckelte sie alsbald in Reihenhäuser und zerfiel schlussendlich in Einfamilienhäuser mit kitschigem Postkastenschmuck. Die Natur zwischen den Siedlungsstrukturen entschleunigte sich wiederum: Menschen begannen sich zu grüßen, wagten sogar das eine oder andere kurze Gespräch. Bücher und Obst wurden zur freien Entnahme angeboten.

Krass war der Übergang von Natur zur Industrie: Nahe dem Industriegebiet und den Verkehrsadern war der Raum wenig einladend, spornte vielmehr an, schneller zu gehen.

Als offizieller Wendepunkt galt eine einsame Bushaltestelle. Ein schwer definierbarer Ort: zu klein für ein Dorf, zu groß für ein Gehöft. Autos fuhren so gut wie keine. Ich verließ die Haltestelle, folgte der Landstraße über Felder, bis ich wieder über Siedlungen zur Straßenbahnstation an der Meixnerkreuzung meinen Rückweg antrat.